Der Corona Virus stellt das Familienleben vor neue Herausforderungen. Um in die Lebenswelten von jungen Familien einzutauchen interviewte eine Beraterin der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche zwei berufstätige Mütter mit kleinen Kindern:

 Zunächst Danke, dass wir in Ihr Familienleben Einblick nehmen dürfen.

Vielleicht können Ihre Erfahrungen für andere Eltern hilfreich sein. Die Corona Pandemie stellt ja eine Situation dar, deren Auswirkungen auf Familien ohne Vergleich ist und wir auf keine Untersuchungen und Erfahrungswerte zurückgreifen können.

Nun meine erste Frage:

Wie war es für Sie, als Sie erfahren haben, dass die Kitas keine Betreuung mehr anbieten? Welche Gefühle löste dies aus?

 Mir wurde schnell klar, dass diese einschneidenden Maßnahmen einen guten Grund haben. Keiner weiß, was in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt. Es war beängstigend.

 Auch bei mir ist der Stresslevel gleich nach oben gefahren. Ich war unruhig, angespannt und sehr besorgt. Im ersten Moment nicht so wegen der Krankheit, sondern, was alles damit in Zusammenhang steht. Da sind dann ganz schnell auch wirtschaftliche Themen. Was passiert, wenn mein Arbeitsplatz in Gefahr ist? Wenn aufgrund von Kurzarbeit das Geld am Ende des Monats nicht stimmt. Das Gedankenkarussell ging weiter. Ich sagte Friseur- und Fußpflegetermin ab. Mich beschäftigt, dass mein jüngster Sohn (knapp 3 Jahre) vor der Eingewöhnung in der Kita ab Mai noch eine wichtige Impfung braucht. Was ist, wenn dies nicht rechtzeitig geschieht und die Kita-Betreuung in Frage steht und dies im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung meines Arbeitsplatzes? Da die Großeltern zu der Risikogruppe der Personen ab 60 Jahre gehören, kann und möchte ich sie nicht in die Kinderbetreuung wie gewohnt einbeziehen. So fällt natürlich auch die Betreuung der Enkelkinder als Entlastung weg.

 Wie haben Sie ihren Kindern die Veränderung erklärt?

 Ich sagte den Kindern (2 und 4 Jahre) kurz und knapp, dass es eine neue Krankheit gibt und wir uns einschränken müssen, damit sie sich nicht so schnell ausbreitet. Im Gespräch mit einem Freund zeigte mein ältester Sohn dann, dass er das Problem durchaus versteht. Ich erklärte meinem Sohn, dass nun für längere Zeit nur Wochenende ist.

 In der Kita meiner Tochter (5 Jahre) wurde gute Vorarbeit geleistet. Es wurde darüber gesprochen und erklärt, dass wir nun keine Zähne putzen. Es könnte nämlich passieren, dass sich die Zahnbürsten trotz großer Beachtung gegenseitig berühren und so mögliche Viren überspringen können. Meiner Tochter erklärte ich, es gäbe nun eine Kita-Pause. Das fand sie ziemlich blöd. Damit steht ja auch im Zusammenhang, dass die Freizeitaktivitäten wie Kinderturnen, Musikunterricht usw. ebenfalls flach fallen.

Welche Gefühle hat dies bei ihren Kindern ausgelöst?

Meine Tochter (5 Jahre) fand es dann genauso blöd, ihre Freunde nicht mehr zu sehen. Sie fühlt sich isoliert.

 Bei meinen Kindern (2  und 4 Jahre) stellte ich keine direkte Reaktion fest. Jetzt spüre ich jedoch,  dass  sie  weinerlicher sind. Ich führe dies auf die sorgenvollen Gespräche und Unsicherheiten der Eltern zurück.

 Wie schaut nun der Tagesablauf mit den Kindern aus?

 Ich versuche, die Tagesstruktur mit meinem knapp 3-jährigen Sohn und 5-jähriger Tochter wie gewohnt aufrecht zu erhalten. Das heißt, wir stehen wie üblich um die gleiche Uhrzeit auf, frühstücken, gehen dann raus in den Garten oder spazieren, essen Mittag.

Bei uns ist es etwas anders, – wir schlafen nun auch einmal aus. Ich gehe mit meinen 2- und 4-jährigen Söhnen viel nach draußen – auch wenn der eingeschränkte soziale Kontakt dies nun etwas eintöniger macht. Vor allem das Spielplatzverbot macht zu schaffen. Wir sind sehr froh, einen Garten zur Verfügung zu haben und so kann man die Kleinen gut bei Laune halten. Auf Grund von Home Office gibt es nun viel Familienzeit – das hatten wir uns schon lange gewünscht, wenn auch nicht unter diesen Umständen.  

 Was ist die größte Herausforderung?

 Ganz klar, sich nicht auf die Nerven zu gehen, wenn man so viel Zeit miteinander in eingeschränktem Radius verbringt.

 Für mich die Tagesstruktur beizubehalten. Genauso wichtig ist aber, nicht selbst in Panik zu geraten und dies auf die Kinder zu übertragen. Mir hilft der Austausch mit anderen. Es beruhigt mich von anderen mit gleichen Sorgen zu hören. Aus meiner Sicht bekommen die sozialen Medien eine besondere Bedeutung, dies verstehe ich im positiven Sinne. So erfahre ich von anderen Müttern wie sie den Tag mit den Kindern gut überstehen.

 Kann man aus dieser Krise auch Positives ziehen?

 Ja, das denke ich schon. Das gesellschaftliche und familiäre Leben wird entschleunigt.

 Ich erlebe, dass das Zusammenleben mit Familie auf engem Raum nur mit viel Achtsamkeit auf eigene Bedürfnisse funktioniert – das muss gelernt werden. Hier sind die Eltern gefordert sich nicht zu überfordern. Solidarität muss ganz oben stehen. Man sollte sich helfen und sich nicht um die letzte Packung Nudeln raufen.

 Was raten Sie anderen Eltern?

 Für sich selbst zu sorgen. Es gilt kein pädagogischer Wettstreit, wer nun das bessere Familienleben hat. Letztendlich wird es für alle anstrengend werden. Es darf sein, dass in dieser Ausnahmesituation der Fernseher etwas länger läuft. Ich hoffe, dass wir nach dieser Krise sagen können, diese als Familie gut gemeistert zu haben.

Wir Eltern müssen mit gutem Beispiel voranzugehen. Das heißt, die hygienischen Standards wie Händewaschen und auch räumlichen Abstand halten zu Personen, die nicht zur Familie gehören.

  

Die besten Spiele und Beschäftigungstipps für den Alltag:

 Ich schlug meiner Tochter (5 Jahre) vor, eine Liste zu malen. Diesem Vorschlag ist sie schnell nachgekommen. Auf der Liste sieht man, dass sie einen Spaziergang machen möchte, mit dem Fahrrad fahre, auch ein Picknick im Garten, aber genauso wünscht sie sich mit der Familie Gesellschaftsspiele/Wettspiele zu machen.

 Ich lege den Augenmerk auf einen bewussten Wechsel von energievollen Aktionen mit ruhigen Betätigungen. So powern wir uns bei wildem Tanzen aus. Das macht uns allen Spaß und gute Laune. Die Kinder helfen dann auch gerne bei den täglichen Arbeiten wie kochen, waschen, spülen. So schlagen wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Gerade hatte ich die Idee, mit meinen Kindern einen Videofilm  mit Playmobil Figuren zu machen. Das kam gut an. Man wird kreativ!

Ich möchte mich für ihre Gedanken, Einblicke und Ideen bedanken und wünsche Ihnen und ihrer Familie für die nächste Zeit alles Gute.

Carola Möller

(Diplompädagogin)