Um ein Kind zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf besagt ein afrikanisches Sprichwort. Das Engagement der Eltern reicht meist alleine nicht aus, um ein Kind zu einem zufriedenen, sozial kompetenten und erfolgreichen Menschen zu erziehen. Anstelle des afrikanischen Dorfes treten in unserer Gesellschaft Kindertageseinrichtungen, Schulen und Angebote der Kinderbetreuung. Und oft sind Großeltern, Paten und andere nahestehenden Personen wichtige Unterstützer für Eltern und liebgewordene erwachsene Partner für Kinder.

Oma und Opa wissen alles besser: „Du musst ihm mal die Pampers auslassen, so wird der Junge nie sauber!“ Oder: „Lass die Kinder sich doch mal austoben!“ Oder: „Es wird Zeit, dass Leo endlich mal lernt, Erwachsene zu grüßen!“ Wenn es zu Streit kommt, rechtfertigen sich Oma und Opa damit, dass sie es doch nur gut meinen. Und Eltern pochen darauf, dass die Erziehung der Kinder ihre Sache ist und sie zu bestimmen haben, wo es langgeht. Oft haben Spannungen zwischen Großeltern und Eltern mit Abhängigkeiten und ungelösten Konflikte aus der gemeinsamen Vergangenheit zu tun. Dabei wünschen sich gestresste Eltern manchmal einen guten Rat.

Wenn Großeltern anerkennen, dass sie in der zweiten Reihe stehen, sich Zurückhaltung auferlegen und sich im Alltag nicht ungefragt einmischen, dann sind sie als Gesprächspartner der Eltern in Erziehungsfragen meist willkommen. Auch unterschiedliche Sichtweisen dürfen sein und sollten nicht miteinander konkurrieren. Großeltern und Eltern müssen gegenüber den Enkeln nicht immer an einem Strang ziehen. Kinder kommen mit unterschiedlichem Erziehungsverhalten ganz gut klar. Dagegen können sie nur schwer mit Konkurrenz und endlosen Auseinandersetzungen derjenigen Menschen umgehen, die sie am meisten lieben. Es kann helfen, wenn Großeltern ihre Kontakte mit den Enkeln ohne Anwesenheit der Eltern verabreden, denn dann gibt es meist weniger Stress. Solche Zeiten sind für alle Beteiligten entspannt. Großeltern fällt es manchmal schwer, ihre Kräfte realistisch einzuschätzen. Sie dürfen auch mal „nein“ sagen. Eltern müssen das respektieren. Wenn dann doch die Nerven blank liegen ist es gut, eine Nacht darüber zu schlafen und sich Zeit für ein offenes Gespräch zu nehmen. Dabei sollen Kinder nicht anwesend sein. Konstruktiv Streiten ist allemal besser als beleidigter Rückzug. Und Großeltern und Eltern sollten gegenseitig anerkennen, was sie für die Kinder leisten. Dabei reicht manchmal schon ein Lob oder ein Dankeschön.

Die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Fulda steht auch Großeltern offen.

Reinhard Baumann