Diese Woche gab es Halbjahreszeugnisse, was für den einen Grund zur Freude war und für andere ein Warnschuss dafür sein könnte, künftig mehr zu tun, um die Versetzung am Ende des Schuljahres zu schaffen. Wie sollen Eltern sich verhalten, wenn die Zensuren schlecht ausfallen oder die Versetzung gefährdet ist?

Trösten

Fällt das Zeugnis Ihres Kindes nicht so aus wie erhofft, braucht Ihr Kind von Ihnen in dieser Situation zuallererst Trost und die unmissverständliche Versicherung, dass es von Ihnen weiterhin bedingungslos geliebt wird. Machen Sie sich bewusst, dass Kinder gerade bei schlechten Noten, Ihre Anerkennung für Bemühungen und Anstrengungen brauchen.

Locker bleiben

Sind Eltern sehr emotional, kritisieren sie ihr Kind mitunter undifferenziert. Nach dem Motto: „Schon immer wusste ich, dass du ein Versager bist.“ Solche Sätze nagen am Selbstwertgefühl. Sagen Sie ganz genau, auf welche Leistungen Ihres Kindes Sie stolz sind und welche Noten besser sein könnten. Poltern Sie nicht direkt los. Fragen Sie Ihr Kind, womit es selber zufrieden oder unzufrieden ist. Loben Sie gute Leistungen. Gab es Absprachen, die nicht eingehalten wurden, müssen Eltern dies ansprechen und Konsequenzen folgen lassen.

Vielleicht hilft es Ihnen, sich klar zu machen, dass der gesamte Lebenserfolg nicht von einem einzigen Zeugnis abhängt, und Sie selbst auch die eine oder andere „Schleife“ gedreht haben, um zum Ziel zu kommen.

Ursachen suchen

Setzen Sie sich in Ruhe mit Ihrem Kind zusammen, um gemeinsam herauszufinden, wo die Ursachen für schlechte Zensuren liegen. Sehen Sie die Stärken und weniger die Defizite im Zeugnis. Schaut man auf das, was das Kind gut kann, gibt das unglaublichen Rückenwind und motiviert Ihr Kind weiterzumachen, statt den Kopf in den Sand zu stecken.

Suchen Sie das Gespräch mit den Lehrkräften, um sich gegebenenfalls das Zustande-kommen einzelner Noten erklären zu lassen. Verfallen Sie nicht in Panik und schimpfen Sie nicht. Ein Termin in einer Familienberatungsstelle kann helfen, gemeinsam Ursachen und Lösungen für schlechte Noten herauszufinden, Zukunftsideen zu entwickeln und das möglicherweise angespannte familiäre Miteinander zu entlasten.

Realistisch sein

Fragen Sie sich selbstkritisch, ob Ihre Erwartungen realistisch oder die Entscheidung der Schulwahl richtig sind. Können Kinder auf Dauer die Erwartungen ihrer Eltern nicht erfüllen oder dem Leistungsdruck in der Schule nicht standhalten, können sich Ängste oder körperliche Symptome wie Bauchweh oder Kopfschmerzen entwickeln. Hat das Kind erst aufs Gymnasium gewechselt, ist dies die erste Rückmeldung, die nicht überbewertet werden sollte. Die Umstellung auf neue Lehrer, Fächer und Mitschüler kann dauern und sollte kein Grund sein, in Panik auszubrechen.

Zukunftsplanung

Versuchen Sie „nach dem ersten Schreck“ den Blick wieder nach vorne zu richten. Schmieden Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Pläne für die Zukunft. An einem Gespräch mit der Schule sollte Ihr Kind unbedingt teilnehmen, dies fördert Verantwortungsbewusstsein und Selbstwirksamkeit – beides gute Begleiter für ein zufriedenes und erfolgreiches Leben.

Klären Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, welche Unterstützung von wem hilfreich sein kann. Setzen Sie gemeinsam realistische Ziele. Halten Sie im kommenden Halbjahr regelmäßigen Kontakt zur Schule und widerstehen Sie dem Drang, Ihr Kind ab jetzt übermäßig zu kontrollieren.

Pubertät

In der Pubertät werden bei den meisten Schülern die Noten schlechter und Eltern haben das Gefühl bei ihren Kindern „an eine Wand zu reden“. Im Gehirn finden großräumige Umbauarbeiten statt, so dass die Mechanismen, die für eine Balance zwischen Gefühlen und rationalen Erwägungen sorgen, zeitweise besonders störanfällig sind. Forscher vom University College in London machen auf ein Regelwerk im Gehirn aufmerksam, das in diesem Alter besonders sensibel reagiert: Das Belohnungssystem. Jugendliche lernen deshalb fast ausschließlich durch Belohnung, nicht durch Bestrafung. „Diese Ergebnisse legen nahe, dass Jugendliche mehr von positivem als von negativem Feedback der Eltern profitieren könnten, um ihr Verhalten zu verbessern“, folgern die Autoren der Studie.

Kirsten Hückel-Dege

Diplom-Sozial-Pädagogin